Die Geschichte der Brille und die der Schrift, des Buchdrucks, ist eng miteinander verwoben. Während Brenn- oder Vergrößerungsgläser wohl schon in den Hochkulturen des biblischen Zweitstromlands weit vor 1000 v.Chr. im Gebrauch waren, kamen erste Lesehilfen erst ab dem 13.Jahrhundert zum Einsatz. Vor allem Mönchen, die sich in ihrem irdischen Leben dem Kopieren von Büchern widmeten, konnte so geholfen werden. Wer die erste neuzeitliche Brille erfunden hat, ob Hornbrillen wirklich aus Horn sind und wie sich unsere Kunden an ihre erste Brille erinnern, lesen Sie auf dieser informativ unterhaltsamen Seite über die Brille und ihre Geschichte(n). Viel Spaß bei der Lektüre! Ihr Augenoptiker Horn – aus Berlin Wilmersdorf

MEINE ERSTE BRILLE – KUNDEN ERINNERN SICH

Ich erinnere mich noch gut an meine erste Brille. Damals am Volkspark Wilmersdorf verlor ich immer gegen die anderen Jungs. Wir waren gerade mal fünf Jahre alt und durften alleine auf der Straße spielen. Es galt aus der Ferne als erster zu erkennen, welches Kennzeichen das nächste Auto trug, das auf uns zufuhr. Ich habe immer verloren. Meine Mutter meinte, ich müsse vielleicht mal zum Augenarzt. Mit dem Bus fuhren wir durch die halbe Stadt und landeten nach dem Augenarzt bei einem Optiker. Es gab an der Wand ein Regal mit zahlreichen Brillengestellen und direkt am Fenster auf der Fensterbank lag eine Handvoll dicker fetter Hornbrillen. Von denen durfte ich mir eine aussuchen, denn meine Mutter wollte nichts dazu bezahlen. Damals in den 70ern gab es noch Kassengestelle. Die Kosten trug die Krankenkasse. Schön waren sie nicht. Und so fiel ich mit meiner Brille auch gleich auf und wurde gehänselt. Brillenträger waren 1972 noch eine Minderheit. In meiner Klasse von 30 Kindern gehörte ich später zu den wenigen, die zu den “Brillenschlangen” gehörten. Zu heute hat sich einiges geändert: Brillen werden eher akzeptiert, es gibt sie bunter, filigraner und selbst die dicke Hornbrille feiert ein Comeback und bietet keinen Grund mehr für Spott. Neuartige Gläser sind zudem dünner und leichter als vor 50 Jahren. Dass heute überhaupt mehr Brillen getragen werden, ist auf die verstärkte Mediennutzung bereits im Kindesalter zurückzuführen. Die Fehlsichtigkeit gerade bei Kindern hat stark zugenommen. Wer von den Kindern spielt heute noch auf der Straße und schaut in die Ferne, um Automarken oder Kennzeichen zu erkennen? Gut, dass Spiel ist nicht ganz ungefährlich – der Straßenverkehr hat stark zugenommen und die Autos sind auch schneller geworden, aber das in die Ferne schauen ist an sich eine gute Übung für das junge Auge, um sein Sehverhalten zu trainieren und Fehlsichtigkeit vorzubeugen.

Martin Eggers, Berlin-Schöneberg

BRILLEN & GESCHICHTEN

Wer sich mit der Geschichte der Menschheit etwas auskennt, weiß, dass Menschen schon immer gerne voneinander abgeschrieben haben und später Ideen anderer ihr eigen genannt haben. Wer dabei verschiedene Sprachen beherrschte, war glatt im Vorteil und anderen voraus:

Der Name der Brille

Um 1240 übersetzte der Franziskanermönch Erazm Golek Vitello (1220-1280) das Buch des Arabers Ibn al Haitam über die Optik ins Lateinische. In dessen Werk hatte der arabische Mathematiker, Optiker und Astronom über überhalbkugelige Plankonvexlinsen geschrieben, mit denen man Schriftzeichen vergrößern konnte. Wer den Bestseller “Der Medicus” gelesen hat, weiß, dass die arabische Wissenschaft damals sehr weit war und sogar schon am Auge operieren konnte. Die Mönche Westeuropas griffen die Idee von Haitam zwei Jahrhundete später wieder auf und fertigten eine erste Lesehilfe. Alterssichtig gewordene Klosterbrüdern konnten endlich wieder lesen und arbeiten.

DER LESESTEIN

Der Lesestein wurde in erster Linie aus Quarz oder Bergkristall angefertigt. Außerdem dienten Halbedelsteine, sogenannte Berylle, als Rohmaterial. In diesem Zusammenhang tauchte der Name „Brille“ zum ersten Mal auf: Eine aus Beryll geschliffene Linse wurde „Brill“ genannt – zwei solch gefaßte Linsen bekamen den Namen „Brille“.

FUNDSACHE

Die Nimrud Linse – ein Vergrößerungsglas, aus dem 8.Jahrhundert v.Chr., assyrische Metropole, im Gebiet des heutigen Irak gefunden um 1850, keine Beseitigung von Fehlsichtigkeit, eher eine Optimierung des Sehens, eingesetzt im Handwerk. Schauen Sie mal hier, sehr beeindruckend, was da im Britischen Museum eingelagert ist:

https://www.britishmuseum.org/collection/object/W_-90959

STICHWORTE ZUR BRILLE

Mit dem Buchdruck – und damit die Alphabetisierung breiterer Massen – wurde die Brille ab dem 16. Jahrhundert immer wichtiger. Im Alltag war es fast egal, ob jemand fehlsichtig war, wer aber lesen wollte, musste gut sehen können. Bereits um 1535 wurde die erste Brillenmacherzunft in Nürnberg gegründet. Der Beruf des Brillenmachers war geboren.

Vorläufer heutiger Sehhilfen war der Zwicker, entwickelte im 16. Jahrhundert. Eine noch bügellose Brille, die zum Lesen einfach auf den Nasenrücken geklemmt oder gezwickt wurde – daher der Name. Man kennt sie aus Comics, Dagobert Duck trägt eine, oder aus alten schwarz-weiß Filmen, z.B. mit Meisternuschler Hans Moser.

Eine auf die Mütze

Brillenmacher haben damals die aberwitzigsten Konstruktionen erfunden, um die Gläser vor die Augen zu bekommen und dabei einen optimalen Tragekomfort zu gewährleisten: Die gefassten Korrekturgläser wurden mitunter an Mützen (Mützenbrille) oder an Stirnreifen befestigt oder mit Fäden an den Ohren gebunden (Fadenbrille).

Die heute gängige Brillenform mit seitlich angebrachten Bügeln, die für festen Halt sorgen, geht auf den britischen Optiker Edward Scarlett zuück, der sie 1727 in London auf den Markt brachte. Gebräuchlich wurde diese Brille aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Lorgnette, Zwicker und Monokel, die nur bei gewissen Situationen zeitweise genutzt wurden, hielten sich noch lange bis ins 20.Jahrhundert. Eine Brille zu tragen, galt nicht als schick, sie wurde mit Alter verbunden und war mit einem Makel versehen.

BIFOKAL & GLEITSICHT

Die Bifokalbrille, die mit unterschiedlich geschliffenen Zonen Fern- und Nahsicht ermöglichte, wurde vom amerikanischen Politiker und berühmten Universal-Erfinder Benjamin Franklin schon im 18. Jahrhundert entwickelt. 1959 wurde fast zweihundert Jahre später in Frankreich die erste Gleitsichtbrille mit stufenlosem Übergang zwischen Fern- und Nahsichtbereichen auf den Markt gebracht. Individuell angepasste Gleitsichtgläser gibt es dagegen erst seit Beginn dieses Jahrhunderts.


DIE WIEGE DER BRILLE – BELLA ITALIA

Murano – feinstes Glas

Der Adlige Carlo Antonio Manzini aus Bologna wollte es Mitte des 17.Jahrhundert wissen: Wer hat die Brille erfunden? Seine 1660 erschienene Arbeit L’occhiale all’occhio, dioptrica praktica ist einer der ältesten Berichte über die Herstellung optischer Linsen durch Schleifen und Polieren und befasst sich auch mit den Ursprüngen der Sehhilfe. Er kommt aber damals zu dem Schluss: “Soviel Mühe ich mir auch gegeben habe, den ersten Erfinder der Brille, welche man auf der Nase trägt und welche ich die einfache nenne, zu finden, so war es doch nicht möglich, von ihm eine Spur zu entdecken.”

Wer hat nun die Brille erfunden?

Das Rätsel lässt sich nicht lösen, aber der Herkunftsort und das Zeitfenster lassen sich zumindest eingrenzen. Es muss zwischen 1270 bis 1280 gewesen sein. Es gibt eindeutige Indizien: eine uns überlieferte Predigt des Fra Giordano di Rivalto vom 23. Februar 1305 in Florenz weist daraufhin, dass es noch nicht 20 Jahre her sei, dass man die Kunst, Brillen zu machen, erfand, durch die man besser sieht. Ein in den venezianischen Staatsarchiven erhaltenes Erlass von 1300 verbietet gutes Kristallglas durch einfaches weißes Glas zu ersetzen. Man kann also davon ausgehen, dass die Wiege der Brille (zumindest in Europa) in Murano, einer Venedig vorgelagerten Inselgruppe liegt. Murano beherbert die wohl fortschrittlichste Glasindustrie der damaligen Welt. Noch heute ist Murano-Glas berühmt und geschätzt.

IST DIE HORNBRILLE AUS NATURHORN?

Eine Hornbrille ist ursprünglich die Bezeichnung für eine Brille mit Brillengestell aus Horn. Heute sind damit allgemein dunkle, massive Brillengestelle gemeint, auch wenn sie meist aus Celluloseacetat hergestellt werden. Erstmals populär wurden die Hornbrillen in den 1920ern in den USA durch Stumfilmstar Harold Lloyd, der diese als Markenzeichen seiner Filmfigur – des sogenannten Glasses Character – in seinen Filmen trug. Mit der Hornbrille wollte Lloyd die Durchschnittlichkeit seiner Filmfigur signalisieren. In den 1950er- und 1960er-Jahren waren Hornbrillen in Politik- und Wirtschaftskreisen weit verbreitet. Sollten sie Ausdruck von Kompetenz und Duchsetzungsvermögen betonen? Oder waren sie einfach durch ihre Haltbarkeit von Vorteil? Zu den prominenten Hornbrillenträger damals gehörten Henry Kissinger, Hans-Jürgen Wischnewski, Hanns Martin Schleyer, Herbert Wehner, Erich Honecker und Buddy Holly. Dann aber ging der Boom zurück und die Hornbrille wurde etwa ab den ausgehenden 1960ern durch elegantere und unaufdringlichere Brillen mit Metallfassungen verdrängt. An den Hornbrillen blieb deshalb auch der spöttische Beiname „Kassengestell“ hängen, da sie im Gegensatz zu den anfangs noch deutlich teureren Designer-Fassungen voll von den Krankenkassen finanziert wurden.

Honecker und die Hornbrille – zum Küssen schön

Markenmodelle müssen nicht teuer sein!

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